Unser Dorf Rixfeld
 

Verlobter Tag

Während des Siebenjährigen Krieges, Ende Oktober 1761, richtet eine Viehseuche in unserem von Kriegswirren arg heimgesuchten Ort verheerenden Schaden an. Der größte Teil des Viehbestandes wird vernichtet. Allein am Samstag vor Thomastag fallen 9 Stück Vieh der Seuche zum Opfer. In höchster Angst wird im Dorf der Entschluss gefasst, Gott den Allmächtigen um Hilfe und Rettung anzurufen. Die Gemeinde versammelt sich in der Kirche, fleht zu Gott und gelobt für sich und ihre Nachkommen diesen Tag heilig zu halten. Nach der Überlieferung weiß man: Die Seuche hörte gänzlich auf.

Nach eingeholter Erlaubnis feiert man seitdem ein jährliches Dankfest, doch nach Jahren gerät das Gelöbnis mehr und mehr in Vergessenheit.

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig, verfolgt Fürst Blücher mit seinem Heer die Franzosen auf ihrem Rückzug über den Vogelsberg. In der Nacht vom 1. auf den 2. November 1813 übernachtet er, in einen Soldatenmantel gehüllt, auf einer Bank im Gemeindewirtshaus. Tags zuvor sind bereits 20 000 Soldaten durch unseren Ort Richtung Ulrichstein gezogen. Es sind preußische Husaren, Infanterie und Kosaken russischer Reiterregimenter, die seit 1813 gegen Napoleon kämpfen. Mit ihnen kommen schlimme Seuchen in unser Dorf, u. a. Sternenfieber und Viehseuche. Letzterer fallen 102 Stück Vieh zum Opfer.

Durch dieses Ereignis  erinnert man sich in der Gemeinde an das vor gut fünfzig Jahren abgelegte, aber in Vergessenheit geratene, Gelübde. Seit dieser Zeit wird der so genannte „Verlobte Tag“ erneut gefeiert. Niemand darf arbeiten oder das Dorf verlassen. Die Bauern liefern keine Milch, sondern verteilen sie an Nachbarn und Arme.

Durch die zunehmende Milchproduktion im Laufe der Jahre kann diese Sitte nicht aufrechterhalten werden.

Bis heute ist der "Verlobte Tag" ein örtlicher Feiertag in Rixfeld der mit einem Gottesdienst begangen wird.