Die Heuernte
So eine Heuernte zog sich oft über mehrere Tage, oder gar Wochen hin, je nach Wetterlage. Einen Wetterbericht im Radio gab es nicht. Der Bauer verließ sich auf seinen Instinkt und die Erfahrungswerte der letzten Jahrzehnte. (Hundertjähriger Kalender, Bauernregeln).
Wenn eine Schönwetterperiode in Aussicht war, ging es los. Mit den frisch gedengelter Sensen auf der Schulter, gesichert durch einen Sensenschutz, machte man sich auf den Weg. Im Schlotterfass, halb gefüllt mit Wasser, das am Gürtel befestigt war, steckte der Wetzstein. Ein wichtiges Utensil, das im Laufe des Tages oft gebraucht wurde.
In einer ihrer Aufzeichnungen berichtete meine Großmutter: „damals gab es noch keine Maschinen, es musste alles mit der Hände Arbeit geschafft werden. Wir mähten noch alles mit der Sense. Morgens um ½ 3 oder 3 Uhr ging`s im Heumachen zum Mähen. Um 5 Uhr kam der Kaffee auf die Wiese. Man schaffte bis abends 10 oder 11 Uhr und war froh, wenn es zu Bett ging.“
Im Jahr 1908 schaffte ihr Dienstherr seine erste, von Pferden gezogene, Mähmaschine an. Wie in ihren Aufzeichnungen zu lesen ist, „eine große Erleichterung für alle“.
Meist wurde am Nachmittag schon zum ersten Mal gewendet, das noch grüne Gras schaffte man auseinander und lockerte es zum Trocknen auf. Bei sonnigem Wetter und mehrmaligem wenden, oft in langer Reihe, konnte in etwa zwei Tagen das fertige Heu nach Hause gefahren werden.
Erneut machten wir uns auf den Weg über die Rixfelder Höhe zur Schafwiese. Dort wurde das Heu zu großen Zeilen zusammengerecht.
Großvater hatte inzwischen zu Haues seine beiden Kühe vor den Leiterwagen gespannte. Beladen mit Wiesbaum, Heuseilen, Breitem Rechen und Heugabeln machte er sich auf den langen Weg, am Bahnhof vorbei, zur Wiese.
Eine Person musste auf den Wagen, um das angereichte Heu („Botze“) abzunehmen, sachgerecht zu verteilen und aufzusetzen. Mit dem Holzrechen schaffte man das beim Gabeln liegengebliebene Heu immer wieder auf Zeile. Einer musste mit dem Großen Rechen aus Metall die Wiese komplett nachrechen. Es durfte nichts verloren gehen. Bei schrägem Gelände musste der Wagen gestützt werden damit er nicht umkippen konnte.
War der letzte Ballen auf dem Wagen, reichte man den Wiesbaum nach oben und legte ihn längs auf das Heu. Zwei Stricke („Haaseiler“), die man zuvor am Wiesbaum befestigt hatte, führte man zu den vier Ecken, wo zwischen den beiden Heuleitern die Winde („Wenn“) angebracht war. An deren beiden Enden befanden sich zwei durchgesteckte Holznägel, an denen die Stricke auf spezielle Art befestigt wurden. In der Mitte befanden sich versetzt zwei Löcher, in die man die Wendestöcke (Wennknedel) steckte und durch Drehen die Seile spannte und so den Wiesbaum auf das Heu presste. Der Wagen wurde abgerecht, um ja nichts zu verlieren, dann ging es nach Hause.
Jetzt musste abgeladen werden. Über mehrere Etappen wurde das Heu bis unter die Dachziegeln geschafft, wo wir Kinder es zur Lagerung festtreten mussten. Es war eine schweißtreibende und staubige Arbeit. Trotzdem hatten wir unseren Spaß dabei.